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“Überzeugungsarbeit und Stehvermögen” — Günter Gerhard Lange und der Fotosatz bei der H. Berthold AG

 

Das Fotosatzgerät “Diatype” der H.Berthold AG. Foto:Industriemuseum.de

 

Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg löst mit seiner Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und Druckerpresse ab 1450 die erste Medienrevolution aus. Knapp 500 Jahre später bahnt sich im Nachkriegsdeutschland mit der Entwicklung des Fotosatzes ein weiterer elementarer Umbruch der Satzherstellung an. Die H. Berthold AG wird die erste Schriftgießerei Europas, die den Fotosatz aufnimmt. Motor dieser Entwicklung bei Berthold sind zwei Personen. Einer davon ist Direktor Carl Graumann, dazu im Folgenden mehr – der andere der spätere künstlerische Leiter Günter Gerhard Lange (1921—2008). GGL, so sein bekanntes Kürzel, wäre am 12. April 2021 100 Jahre alt geworden: ein Grund mehr, einen genaueren Blick auf diese Übergangszeit vom Blei- zum Fotosatz und seiner Rolle in dieser umwälzenden Entwicklung zu werfen. Einer Zeit, die GGL rückblickend als die schwierigste Zeit bei Berthold mit vielen Widerständen, Misstrauen und Vorurteilen in einem eher konservativen Gewerbe bezeichnet hat und sich dennoch mit vollster Überzeugungskraft dafür einsetzte.

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Zwischen Morsecode und digitaler Fonttechnologie

Dieser mehrteilige Blog-Beitrag zur digitalen Fonttechnologie nimmt die Technik- und Kulturgeschichte der in Schriftform verfassten Medien in den Blick. Seit der Erfindung der beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg hat die Mechanisierung der Buchherstellung, des Drucks von Flugblättern und der ersten Zeitungen ein zunehmendes Verbreitungsbedürfnis von schriftlich verfassten Informationen evoziert. Mit der Entdeckung und technischen Nutzung der Elektrizität werden Erfindungen wie die der Telegrafie und der ersten digitalen Computer inspiriert. Die Telegrafie, das “Internet” zur Zeit Kaiser Wilhelms II., und die Erfindung des ersten digitalen Computers in den 40iger Jahren des 20. Jahrhunderts werden zu aller erst in der Produktionstechnik der Zeitungen virulent.

Die weltweite Globalisierung, Schriftcodierung und -digitalisierung macht in wenigen Jahrzehnten den einst nur für hochspezialisierte Fachkräfte handhabbaren Blei- und Fotosatz zu einer Technologie für jedermann. Digitale Fonttechnologie gehört im 21. Jahrhundert im privaten und beruflichen Alltag zu einer meist nicht hinterfragten Computeranwendung für alle. Die unterhalb von Tastatur und Bedienoberfläche der Textverarbeitungssoftware verborgene Codierungs-, Schreib- und Rechenkultur bleibt weitgehend unentdeckt. Sie sorgen als implementierte Hard- und Software in Tablet-Computern und Smartphones für die Schreibfunktion beim Eintippen und Versenden von Texten. Und das funktioniert ganz unabhängig davon, ob sich der User der technik- und kulturgeschichtlichen Genealogie seines Tablet-Computers oder Smartphones bewusst ist, oder eben nicht. Die Teile zu diesem Blog-Beitrag laden zur technik- und kulturgeschichtlichen Entdeckung der Genealogie der digitalen Fonttechnologie ein.

Teil 1: Die Elektrifizierung des Alphabets

Teil 2: Von der Schreibmaschine zum Fernschreiber

Teil 3: Lochstreifen und Perforator übernehmen das Kommando

Teil 4: Der Hellschreiber

Teil 5: Exkurs zur Genealogie der Schrift- und Rechenkultur

Teil 6: Typografie nach Augenmaß und Typomaß

Teil 7: Der Quantensprung vom Fotosatz zum Lichtsatz

Teil 8: Schriftnegativ, Bitmap-, Bytemap-, Vektorfont

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Druckindustrie 4.0 oder der Tunnelblick in die Technikgeschichte

ChromolithograPhie-Abteilung einer Druckerei um 1900
Quelle:http://www.solingen-internet.de/si-hgw/imprimatur/druckerei1900.htm

Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Druckindustrie 4.0, Schule 4.0…, eigentlich kann man es nicht mehr hören, überall, wo es um Digitalisierung geht, taucht sie fast zwangsläufig auf – die 4.0.

Vier Punkt Null verweist auf die vierte industrielle Revolution, in der wir uns derzeit befinden sollen. Worin die anderen drei bestanden haben, darüber findet man bei 4.0 nur wenig.

Dieser Blogbeitrag erläutert, was sich hinter der Metapher „4.0“ verbirgt. Es wird zu Beginn der Frage nachgegangen, von welchem Modell der Technikgeschichte hier ausgegangen wird. In einem zweiten Schritt stellt der Beitrag diesem Technikmodell die Grundzüge eines alternativen Modells der Druck- und Mediengeschichte gegenüber.

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