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IADM-Jahresfachtagung 2025 und Mitgliederversammlung vom 12.11. bis 14.11. im Deutschen Museum in München

In seiner diesjährigen Jahresfachtagung im Deutschen Museum in München fokussiert der Internationale Arbeitskreis Druck-Mediengeschichte [IADM e.V.] seinen Blick auf das farbige Bild als Mittel der Kommunikation in der Kunst, der Wissenschaft und dem Alltagsgewerbe. Den inhaltlichen Rahmen dazu bietet die 2022 neu konzipierte Dauerausstellung des Deutschen Museums ‚Bild-Schrift-Codes‘ einerseits sowie die ‚Lithografische Anstalt an der Königlichen Unmittelbaren Steuerkommission‘ von 1809 im heutigen Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung München andererseits.
Die Vorträge stehen unter dem Thema:
‘Bilderdruck zwischen Kunst, Wissenschaft und Gewerbe: Produktion und Rezeption kolorierter Grafik und Fotografie.’
Das kolorierte Bild markiert den Beginn der Medien- und Druckgeschichte. Als kultureller Ausdruck des Menschen ist es mehr als 30.000 Jahre älter als die Schrift. Die prähistorisch visuelle Kommunikation begann mit der Verwendung von Ressourcen aus der Natur, die Menschen zur Herstellung von Farbmitteln aus Pigmenten oder Farbstoffen nutzten. Diese frühesten Bildzeugnisse finden wir heute auf zahlreichen Höhlenbildern, die Archäologen bei Ausgrabungen weltweit gefunden haben. Die kultische Macht der Bilder und der Farbe entfaltet sich seither medien- und kulturgeschichtlich gewaltig – heute mehr denn je sind es Bilder und Kleidung, mit denen sich nicht mehr nur privilegierte Gesellschaftsschichten, sondern nahezu alle Menschen selbst öffentlich inszenieren können. Bilder und Farbe sind längst zu einem omnipräsenten Informationsträger zur massenmedialen Kommunikation geworden, der alle Lebensbereiche durchdringt.
Die untrennbare Verbindung von Farbe und Bild findet sich auch in den Handschriften der Buchmalerei des Mittelalters. Hier sollte Farbe den handgeschriebenen Text illuminieren, d.h. ‚zum Leuchten‘ bringen‚ um die Schrift ‚zu erhellen‘.
Die Buchkunst, die im 15. Jahrhundert als höchste Form der Kunst galt, wird im Kunstverständnis des 19. Jahrhunderts unüberhörbar infrage gestellt: die Buchmalerei ist keine autonome Kunst und wird deshalb von Teilen der Akteure als Auftragsarbeit und Gewerbekunst abgewertet. Was ist Kunst? Wer erhält die Deutungsmacht über das, was ‚hohe Kunst‘ und ‚niedere‘ Gewerbekunst ist, was noch als Kunst durchgeht oder als Kitsch, Populärkultur bzw. Mainstream abqualifiziert wird. Die Fragen der Druck- und Mediengeschichte wiederholen sich. Sie werden rückblickend bei jeder Medieninnovation immer wieder neu gestellt: Lithografie versus Kupferstich, Kalligrafie versus Typografie, manuell-grafische Druckverfahren versus Fotografie, Monochromie versus Polychromie, ein Ende ist kaum abzusehen.

Frauenhofer Spektrallien des Spektrums

In der Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich die Fotografie und ab 1900 die Farbfotografie und ihre zahlreichen Versuche, mit sogenannten Edeldruckverfahren die Fotografien in Schwarzweiß und in Farbe unmittelbar druckbar zu machen. Auf der anderen Seite steht die handwerklich manuelle Chromolithografie: eine Technik, Farbreproduktionen so zu drucken, wie die Maler die Originale mit Farbpalette malen. Die Naturwissenschaft gibt beiden parallelen Entwicklungen einen Impetus, während sie in der Kunst des 19. Jahrhunderts ihre eigene Rezeption erfährt.
Vor diesem technik- und kulturgeschichtlichen Hintergrund polarisieren sich die Diskurse zwischen Kunst und Farbigkeit, Kunst und Gewerbe, Kunst und Naturwissenschaft, denen auf der Tagung nachgespürt werden soll. Die zunehmende Differenzierung der medialen Reproduktionstechnik durch handwerklich druckgrafische und moderne Druckverfahren, Foto- und Filmtechniken, sowie Informationstechnologien samt Social Media und KI der digitalen Gegenwart verweisen heute auf die multikausalen Entstehungszusammenhänge im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Die Akteure der Wissenschaft, namentlich der Chemie, die entstehende Farbenindustrie ab den 1850er Jahren und die Werbegrafiker einer expandierenden Werbung führen zu einer konvergierenden technischen Entwicklung, die bis heute anhält.

Vortragsthemen/Führungen

Tag 1
Wilfried Kusterka: Die Koloristen im 19. Jh. zwischen Alchemie und Naturwissenschaft.

Dr. Sonja Neumann: Bildreproduktion, Bildrevolution – Führung durch die Dauerausstellung Bild-Schrift-Codes des Deutschen Museums.

Lithografierte Kartografie in Schwarzweiß und in Farbe. Führung durch das Lithostein-Archiv und die drucktechnische Abteilung der ehemaligen ‚Lithografischen Anstalt an der Königlichen Unmittelbaren Steuerkommission‘ von 1809 im heutigen Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung München.

Tag 2
Dr. Jakob Luckschewitz: ‚In der alten Weise, aber neu in der Anwendung‘ ­– Perspektiven auf die‚ ‚Renaissance’ künstlerischer Farbdruckverfahren im Dienst der Kunstreproduktion um 1900.

Daniel Scheidegger: Fake oder grosse Erfindung? – Die Grundlage der Erfolgsgeschichte der Photochrom Schweiz.

Dr. Sonja Neumann: Adolf Miethes Dreifarben-Fotografie und -Drucke.

Sybille Schmitz: Laute Farben – schreiende Plakate. Über die Verwendung von Farben in der zeitgenössischen Plakatgestaltung.

Peter Best: Die historische Entwicklung der fotografischen Bildung. Von den frühen Erfindungen der Fotografie zur Berufsfotografin und zum Berufsfotografen.

Tagungsort: Stiftung Deutsches Museum München, Museumsinsel 1, 80538 München.
Teilnahmegebühr: 90.- Euro für Nichtmitglieder, 40.- Euro für Miglieder.
Teilnehmerzahl: Maximal 31
IADM-Mitgliederversammlung: 12. Nov. 2025 um 17:00 Uhr im Deutschen Museum.
Anmeldung bis sätestens 1. August: E-Mail an w.kusterka@web.de, Stichwort ‚IADM-Fachtagung 2025‘ bei gleichzeitiger Überweisung der Tagungsgebühr auf das folgende IADM-Konto: IBAN: DE10 8605 5592 1100 3906 30 | BIC: WELADE8LXXX
Die Anmeldung wird erst mit der Überweisung der Tagungsgebühr wirksam!
Wegen der für diese Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden IADM-Mitglieder vorrangig behandelt. Bei der Anmeldung von Nichtmitgliedern entscheidet das frühzeitigste Anmeldedatum über die Teilnahme. Bei Überbuchung werden zu viel gezahlte Teilnahmegebühren unaufgefordert zurückerstattet.
Download: EINLADUNGSFLYER neu korrigiert

 

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Der IADM e.V. hat sein Blick auf die Druck- und Mediengeschichte erweitert

 

Internationale Arbeitsgemeinschaft Druck- Mediengeschichte e.V. [IADM]

Auf seiner  Mitgliederversammlung am 28. September 2024 in der Stiftung Technikmuseum in Berlin hat der IADM den einstimmigen Beschluss gefasst, in seiner Vereinsarbeit den Blick auf die wissenschaftlichen Befunde zur Erforschng der Druck- und Mediengeschichte zu erweitern. Damit sollen zusätzliche Zielgruppen aus den medien- und kulturgeschichtlich orientierten Bereichen der Forschung und der Lehre sowie aus allgemein an mediengeschichtlich interessierte Kreisen erweitert werden.  Der verabschiedete Text folgt im Wortlaut.

Wofür der IADM e. V. steht

Die künstlerischen Druckverfahren des Hoch-, Tief-, Flach- und Durchdrucks gehören seit 2018 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO, die heute in Museen und Druckwerkstätten sowie von Künstler*innen weiter gepflegt und tradiert werden. Die Weitergabe dieses Könnens und Wissens an die allein mit elektronischen Medien groß gewordene junge ‘Generation Y’ und ‘Generation Z’ sollen dazu beitragen, das weltweit vorhandene traditionelle Wissen und Können in der Gegenwart zu erhalten. Der IADM unterstützt uneingeschränkt die Förderung dieses Immateriellen UNESCO-Kulturerbes der Druckkunst ebenso wie das verwandte Kulturerbe des Buchbinder-Handwerks, des Papiertheaters, der Kalligraphie und der Telegrafie.

In unserer global vernetzten Welt der Kommunikation kann die isolierte Praxis künstlerischer Druckverfahren mit ihren traditionell ganzheitlichen handwerklichen Techniken der Bild- und Textvervielfältigung vielen Menschen als legitimer Kontrapunkt gegenüber der Entfremdung einer hochgradig arbeitsteilig und digitalisierten Lebenswelt dienen, aber ein Verständnis technik- und kulturgeschichtlicher Entwicklungsprozesse kann daraus nicht erwachsen. Deshalb geht es dem IADM über die Förderung der Druckkunst hinaus darum, die digitale Kultur der Gegenwart aus ihren kulturellen Wurzeln der analogen handwerklichen Kultur heraus zu interpretieren und zu verstehen. Zu diesem Zweck erscheint es uns erforderlich, erstens die Druckgeschichte in eine zeitlich wie technisch weiter ausgreifende Mediengeschichte zu integrieren, sowie zweitens eine Kulturen vergleichende Einordnung der europäischen Kulturgeschichte in das gemeinsame materielle und immaterielle UNESCO-Kulturerbe zu ermöglichen.

Druckgeschichte ist deshalb für den IADM zugleich auch Kultur- und Mediengeschichte: Kulturgeschichte, weil die Reproduktion und Verbreitung von Schrift, über Wachstafeln erzeugt, mit Federkiel oder Stahlfeder geschrieben, in Holz geschnitten, mit Bleilettern gesetzt oder mit Schreibmaschine getippt, zu den Kulturtechniken des Menschen gehören und Mediengeschichte, weil lange vor Erfindung der Schrift Bilder (Höhlenbilder, Wandbilder, Heiligenbilder, Tafelbilder, Gemälde, Zeichnungen, Reliefgrafiken, Fotografien, Filme) zu den ältesten schriftlosen Medien zählen, über die die Kultur des Menschen ihren Ausdruck fand und heute noch findet.

Wir verstehen Druck- und Mediengeschichte nicht allein als Geschichte erfolgreicher Erfinder und Patentinhaber, die wie Perlen an einem roten Faden der Zeit aufgereiht werden, sondern als einen komplexen multikausalen und interkulturellen Austauschprozess, der viele Fragmente anderer Kulturen in sich assimiliert hat .

Unser Begriff von Kultur reduziert sich zudem nicht auf die Kultur gesellschaftlicher Eliten, denen es darum ging und heute noch geht, mit teuren Statussymbolen, Kleidung und Kunst als Insignien ihres gesellschaftlichen Status sich gegenüber unteren Gesellschaftsschichten abzugrenzen, sondern richtet gleichermaßen den Blick auf die mediale Alltags- und Populärkultur und deren Interdependenzen mit der Kultur der Eliten.

Weitere Informationen:
Wilfried Kusterka, Vors. des IADM e.V.
Email: w.kusterka@web.de

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